Fachbegriffe aus der Burgenarchitektur

Fachbegriffe aus der Burgenarchitektur

Die Burg

„Das Wort „Burg“ lässt sich ohne zahlreiche Unterfachbegriffe nur schwer genau definieren. Eine Burg ist nach der allgemeinen Erklärung „ein wehrhafter Bau“. Dieser „Bau“ kann aus einem einzelnen Gebäude bestehen (…) oder aus einem Gebäudekomplex mit umliegender Mauer. Der Begriff „Burg“ umfasst dabei die vollständige Konstruktion, zu der auch die äußersten Wehrelemente, wie z.B. der Graben, gehören. Wichtig hierbei ist die Wehrhaftigkeit. Die sonstigen Funktionen der Burg spielen dabei eine untergeordnete Rolle, sorgen aber für unterschiedliche Aufbauten und verschiedene Aussehen. Der wehrhafte Bau kann sowohl als Adelssitz, als Lager, als Reichsburg, als Kloster, als Fliehburg, als befestigte Stadt als auch als militärischer Stützpunkt gedient haben. Das Wort „Burg“ bezeichnet nur den konstruktiven Aufbau als Wehranlage ohne eine weitere Funktion zu beschreiben. Die Funktionen werden durch Beinamen, wie z.B. „Wohnburg“, „Fluchtburg“ oder „Zollburg“ klar.

(…) Hierzu gehören natürlich auch Turmburgen, die nur aus einem Turm bestehen oder bestanden haben. Der Begriff „Burg“ ist also sehr umfassend und kann wegen der Vielzahl von Burgen, Schlössern und Festungen und den damit verbundenen Unterschieden in Aussehen und Aufbau nur schwer in einen engen Rahmen gefasst werden.

Burgen (…) werden durch ihre geographische Lage und ihre Funktion geprägt. Die Burgtypen lassen sich durch die einzelnen Wehrelemente zuordnen. (…)

Für die Aufteilung einer Burganlage ist die Unterscheidung zwischen der inneren und der äußeren Anlage wichtig. Der innerste Teil, der auch meist der älteste ist, wird häufig als „Kernburg“, „Obere Burg“ oder „Hauptburg“ bezeichnet. Der Begriff „Obere Burg“ dient nur zur Beschreibung einer höher gelegenen Kernburg, wie sie beispielsweise auf Burg Hornberg, auch Götzenburg genannt, zu finden ist. Hier liegt die Kernburg etwa zehn Meter höher als die Vorburg und die Unterburg. „


Vorburg

„Vor der Kernburg ist oft noch eine „Vorburg“ zu finden, die zur Veredelung von Rohstoffen oder der Nahrungsmittelproduktion diente. In ihr waren grundsätzlich Wirtschaftsgebäude untergebracht, von denen eine Feuergefahr ausging. Sie diente zudem der Kernburg als eine Art Vorwerk. Für die Vorburg gibt es weitere Begriffe wie „untere Burg“, „Vorderburg“ oder „Nebenburg“. „

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Ganerbenburg

„Im Falle einer Erbteilung oder kommen mehrere Personen, z.B. durch Verpfändung, in den Besitz einer Burganlage, redet man von einer „Ganerbenburg“. In einigen Fällen bildete sich aus der Ganerbenburg eine „Doppelburg“, wie sie in (…) Burg Hornberg zu finden ist. In diesem Falle ist die „Doppelburg“ eine Aufhebung der Ganerbengemeinschaft. Burg Hornberg teilte man in die Unterburg und die Oberburg auf, zwischen denen sich die Vorburg befand. Eine „Doppelburg“, wie z.B. die Hiltenburg, gehörte zwei Parteien. Man trennte in der Regel die Kernburg in zwei Bereiche, die dann unterschiedlich ausgebaut wurden. Nicht selten trifft man auf Abwehranlagen zur anderen Partei hin. Bei der Hiltenburg sind die beiden Kernburgen durch eine Mauer und einen Graben voneinander getrennt.

Zu den übergeordneten Begriffen gehören die Bezeichnungen einzelner Wehrelemente, die eine Burg charakterisieren.“


Bergfried

„Erster und einer der wichtigsten Begriffe ist der „Bergfried“. Der Bergfried, auch „Burgfried“ genannt, bildet in der Regel den größten, höchsten und breitesten Turm in einer Burg. Beide Begriffe bezeichnen dasselbe Bauelement. Diese Konstruktion war (…) oft vertreten. Der Turm steht fast immer in der Kernburg und diente als Aussichtspunkt, als Verlies, als Vorratslager, zum Schutz vor Geschossen und als letzte Rückzugsmöglichkeit. Der Eingang liegt beim klassischen Bergfried erhöht und war nur über eine abwerfbare oder leicht zerstörbare Treppe oder eine Brücke zugänglich. Wurde die Burg eingenommen, konnte die Besatzung in den Turm fliehen, die Treppe abwerfen und auf Hilfe warten. Der untere Bereich des Bergfrieds diente in der Regel als Verlies oder dann als Nahrungsmittellager, wenn man auf der Burg eigene Gerichtsbarkeit ausüben durfte. Unter dieser Voraussetzung war ein Gefängnis nicht mehr nötig. Ein gutes Beispiel ist das Schloss Langenburg, das durch eigene Gerichtsbarkeit kein Verlies benötigte, da Urteile sofort gefällt und vollstreckt wurden. Man benutzte den Turm als Nahrungsmittellager allgemein und für den Fall einer Belagerung. (…)“


Palas

„Ein ebenso relevantes Gebäude wie der Bergfried ist der Palas. Das Wort stammt von dem Begriff Palatin, also „dem Ort der antik-römischen Kaiserpaläste“. Der Palas ist das Hauptwohngebäude, in dem meist ein großer repräsentativer Saal liegt. Aus diesem Grund hat sich das Wort als Pendant für einen Saalbau eingebürgert. Nicht jeder Palas besaß einen Saal. (..) Im Palas gab es in fast allen Fällen mindestens eine Kemenate, also einen mit einem Kamin ausgestatteten Raum.“


Burgkapelle

„Die Burgkapelle stellt den sakralen Raum der Burg dar, der in allen möglichen Bauformen innerhalb der deutschen Burgen zu finden ist. Die Kapelle konnte frei stehen, innerhalb eines Gebäudes liegen oder ein Raum in der Wehranlage (Turm) sein. Eine fast freistehende Kapelle ist auf Burg Hohenzollern zu finden. Auf der Wartburg lag sie im Palas, auf Hohenburg (Homberg-Efze) im Torturm. (…)

Ein weiterer Bautyp war die Doppelkapelle. Sie bestand aus zwei übereinander liegenden Räumen mit jeweils eigenen Altären, die über eine Öffnung miteinander verbunden waren. Eine Doppelkapelle ist auf der Burg Nürnberg in Franken zu finden.“


Ringmauer und Tore

„Umgeben ist die Kernburg in der Regel von einer Ringmauer. Die Ringmauer ist eine Wehrmauer, die eine Burganlage geschlossen umfasst. Sie ist wichtigster Bestandteil der Burg und wird oft in der Literatur als „Bering“ bezeichnet.

Die Ringmauer wies eine Öffnung auf, die man „Tor“ oder „Burgtor“ nennt. Das Tor konnte in verschiedenen Ausführungen gebaut sein. Oft handelte es sich um einfache Tore, die aus einer rundbogigen Öffnung mit zwei Türflügeln bestand. In die großen Tore waren in der Regel „Einlasstore“, kleine Türöffnungen, eingesetzt. Um einzelne Personen in die Burg zu lassen, musste nicht das ganze Tor geöffnet werden. In einigen Fällen, z.B. Ravensburg bei Sulzfeld, wurden neben dem großen Haupttor noch kleine Nebentore in die Mauer eingelassen, die dieselbe Funktion wie das Einlasstor besaßen. Neben dem Tor oder in der Tür des Tors trifft man unter anderem auf „Katzenlöcher“, die dazu dienten, Hunde auf den Feind zu hetzen und Katzen den Ausgang zu gewähren. In seltenen Fällen ist eine Ausfallpforte bekannt, die, gut versteckt, den Verteidigern bei einer Belagerung zu einem Ausfall einen Weg nach außen und zurück ermöglichte (z.B. Hohenbaden).“


Gräben

„Fast jede Burg (…) besaß oder besitzt einen „Graben“. Es wird in „Graben“, „Halsgraben“, „Wassergraben“, „Ringgraben“, usw. unterschieden. Die einzelnen Begriffe schließen sich dabei gegenseitig nicht aus. Ein „Wassergraben“ kann beispielsweise Teil eines „Ringgrabens“ sein. Der Graben ist im Allgemeinen das äußerste Wehrelement einer Burg. Er diente zum Schutz gegen das Anbringen von Belagerungswaffen, wie z.B. Belagerungstürmen, Leitern oder Rammböcken. Der Gegner konnte die Mauern auch nicht unterminieren, d.h. untergraben und zum Einsturz bringen.

Der „Halsgraben“ war eine spezielle Art von Graben, der bis in das 18. Jahrhundert hinein verwendet wurde. Er trennte eine auf einem Bergsporn oder Bergrücken gelegene Burg oder Festung zu höheren Bergbereichen hin ab.

Burgen auf erdigem Untergrund haben meist einen tieferen Halsgraben als Burgen mit felsigem Untergrund. Dieses hatte mehrere Gründe: Die Mauern einer Burg auf einem Felsen konnte man nur schwer unterminieren. Der Graben konnte steil in den Fels getrieben werden. Er besaß steile Außenwände, die sich nur schwer überwinden ließen. Eine Burgmauer auf erdigem Untergrund hingegen konnte leichter untergraben werden und die Außenwände des Grabens waren leichter erklimmbar. Nicht selten trifft man bei Burgen auf erdigem Untergrund auf Hals- und Ringgräben mit einer noch heute vorhandenen Tiefe von über 10 Metern.

Der „Ringgraben“ umschließt den zu schützenden Bereich vollständig. Er wurde hauptsächlich bei Burgen angewandt, die entweder von einem Wassergraben umgeben wurden oder eine topographisch suboptimale Lage auf einem eher sacht abfallenden Berg besaßen. Gab es mehrere Angriffsseiten, so zog man den Graben an mehreren Seiten der Burg entlang. Vielfach waren diese Grabenanlagen in Form von Ringgräben oder Teilgräben ausgearbeitet worden, die alle Seiten der Burg abdeckten.

Bei flach abfallenden Berghängen trifft man teilweise auch auf sogenannte Graben-Wall-Anlagen, die aus einer Kombination von mehreren Gräben bestehen, die durch Wälle, vorzugsweise Erdwälle, voneinander getrennt liegen (z.B.: Wehr, Wehrstein). Diese Konstruktionen wurden in den späteren Festungsbau übernommen und zu Seeseiten hin verwendet, um Booten ein Erreichen der Festungsmauern zu erschweren (z.B.: Spandauer Zitadelle in Berlin).“


Zwinger

„Ein weiteres oft benutztes Wehrelement war der „Zwinger“. Der Zwinger beschreibt eine vorgesetzte Mauer mit dahinter liegendem Freiraum. Dabei wurde vor die äußere Mauer der Kern- bzw. Vorburg eine weitere Mauer mit einem Mindestabstand von drei Metern errichtet. Muss man einen Zwinger durchlaufen, um das Tor der Kernburg zu erreichen, so nennt sich dieser Zwinger „Torzwinger“. Das Wort bezeichnet die Funktion der Erfindung. Man „zwang“ den Angreifer in einen schmalen, von Mauern eingeschlossenen Bereich, der dann leicht mit Geschossen zu bestreichen war. Der „Torzwinger“ stellte durch die Errichtung mehrerer Tore hintereinander ein großes Hindernis dar. Burg Steinsberg bei Sinsheim ist dafür ein gutes Beispiel. Durch mehrere hintereinander angeordnete Torzwinger, die im Uhrzeigersinn um die Burg führen, war die Anlage über diesen Zugang nur schwer einnehmbar.“


Wehrtürme

„Torzwinger und äußere Wehrmauern waren bei vielen Burgen durch Türme flankiert. Vor den Kreuzzügen erbaute Türme stehen in Mauerflucht und ermöglichen nur eingeschränkt ein Bestreichen der anliegenden Mauerbereiche. Nach den Kreuzzügen begann man mit dem Bau von aus der Mauerflucht hervorstehenden Türmen, die zur Verteidigung einen besseren Schusswinkel auf die Mauern bei gleichbleibendem Schutz ergaben. Es wurden zahlreiche unterschiedliche Arten von Türmen entwickelt, die verschiedenen Funktionen entsprachen (Schalenturm, Rondell, Batterieturm, Rundturm, Torturm).“


Brunnen und Zisternen

„Zur Wasserversorgung diente im allgemeinen ein Brunnen. Alternativ gab es Röhrensysteme, die das Wasser von außerhalb zur Burg lieferten, wie z.B. auf Burg Spangenberg in Rheinland-Pfalz. Der Brunnen war entweder mit dem Grundwasser verbunden oder endete in einer Zisterne. Zisternen waren Wassersammelstellen, die das Regenwasser von Hof und Dächern der Gebäude speicherten. Eine Burg mit Regenwasserzisterne war anfälliger bei Belagerungen als Burgen mit Brunnen. Verseuchtes Regenwasser, das von durch Beschuss mit Fäkalien und Kadavern verschmutzte Oberflächen in die Zisterne gelangte, konnte diese unbrauchbar machen, wodurch die Burg praktisch gefallen war.“

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